Das Comeback der Podcasts

Die Zeit der bloßen Informationskonsumentinnen und -konsumenten ist vorbei. Zeitungen sind im Web und Artikel rund um die Uhr von den Leserinnen und Lesern kommentierbar. Fernsehen, das ehemalige One-Way-Medium der Massen, wäre heute ohne Second Screen nicht denkbar. Schon während der Sendung ist das TV-Programm das Topthema am elektronischen „Social Media-Stammtisch“. Walter Gröbchen, ehemaliger Radio-Programmentwickler bei Ö3, heute Journalist, Blogger und Musikverleger twitterte am Tag nach dem letzten wirklich großen internationalen Medienereignis der Unterhaltungsbranche in Wien, dem Eurovisions Song Contest 2015: „Medientechnisch lässt sich festhalten, dass Fernsehen ohne Second Screen tot ist.“

Sage und schreibe 6 Millionen Tweets zur Finalshow des Europäischen Wettsingens gingen binnen drei Stunden über das Soziale Netzwerk „auf Sendung“ im Kurznachrichtendienst Twitter. Die crossmediale Vernetzung zwischen Realität, Show und Kommentarfunktion ist es, was die Mediennutzer interessiert und aktiviert.

In einer Social Media Welt, in der es vor Texten, Bildern, Links und Kommentaren nur so wimmelt, ist die Suche nach Unterscheidbarkeit und Originalität ein Dauerthema. Hörbare (Audio)-Botschaften liefern Authentizität pur: Original-Töne (O-Töne) eben. Das zunehmende Interesse an Posts und Tweets mit inkludierter Audio- oder Videobotschaften ist daher verständlich. Originaltöne – ob mit oder ohne Bild – bieten das Maximum an Authentizität, regen zur Nachbetrachtung an und aktivieren die Diskussion zum Thema: „Hast schon gehört?!“ Über knapp und pointiert Formuliertes lässt sich trefflich streiten.

Unternehmen und Institutionen sind in Zeiten von Breitband und Social Media längst selbst zu Medienunternehmen geworden, die diese neuen Gesetzmäßigkeiten zu befolgen wissen. Was die bestinszenierte Medienmarke Red Bull im großen Stil mit selbst organisierten Wettbewerben und hauseigenen Medienunternehmen seit Jahren vorexerziert, wird für alle, die integrierte Kommunikation leben wollen, zur Benchmark.

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Beschriftung

Eine Round Table-Veranstaltung mit Experten und gutem Publikumsbesuch ist schön, aber zu wenig. Erst mit einem rasch verfügbaren Nachbericht für alle, die dabei waren – oder auch für jene, die den Event verpasst haben – erzeugt die Veranstaltung nachhaltige Aufmerksamkeit und Markenbindung. Der Audio-Podcast mit den besten Zitaten des Key-Note-Speakers ist zugleich Service und originärer Gesprächsstoff, aber zugleich auch Werbung für den nächsten Event des Veranstalters.

„Backselling“ nannte man das früher im „good old Radio“, wenn im Kampf um Reichweiten und Senderbindung on Air alle Register der Eigenvermarktung gezogen wurden. So konnten die Highlights aus der Morgensendung auch jenen serviert werden, die nach dem verdienten Morgenschlaf erst in der nachmittäglichen Drive-Time im Auto wieder zum Radiohören gekommen sind.

Womit wir beim abschließenden und wohl gewichtigsten Argument für das Comeback der Audio-Podcasts angelangt sind. In unserer Welt der Fullscreen-Reizüberflutung bleibt Audio ein mobil konsumierbares Medium, das uns noch Raum für weiteres lässt. „Man hat Hände und Ohren frei, und eine mittelmäßige Internetverbindung reicht aus: TV-Serien bekommen unüberhörbare Konkurrenz – Podcasts mausern sich zum Massenmedium. Denn mit dem Smartphone haben wir alle immer ein Radio in der Tasche, das sich über Programme wie iTunes, Soundcloud oder Beyondpod mit Privatradio vom Feinsten betanken lässt.“, schreibt Hilmar Schmundt im deutschen Magazin SPIEGEL.

Ich gebe Schmundt hundertprozentig Recht – und scheine dabei nicht in schlechtester Gesellschaft zu sein: Der Medienforschungsdienst www.journalism.org berichtet von einem 25-prozentigen Anstieg der Download-Rate für Audio-Podcasts in den USA allein im Jahr 2014. Hauptverantwortlich dafür sei die verstärkte Nutzung über Smartphones im Auto. Das Comeback der Podcast ist mehr als ein Trend. Audio-Inhalte haben ihren fixen Platz in der Mediennutzung von heute und damit in der integrierten Unternehmenskommunikation von morgen.